Königlicher Bahnhof, Feldafing
Sunder-Plassmann Architekten
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Ein Sanierungsfall wird Rathaus
Die kleine 4000-Einwohner-Gemeinde Feldafing wurde 1116 zum ersten Mal urkundlich erwähnt und liegt malerisch im Voralpenland direkt am Starnberger See. Es ist nicht verwunderlich, dass der Ort bereits früh vom Tourismus entdeckt wurde. Die erste Bahnlinien-Verbindung zwischen München und dem Starnberger See, die noch von König Max II. in Planung gegeben wurde, brachte bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zahlreiche Gäste. Wohl berühmtester und dabei sagenumwobener Gast – die Kaiserin Elisabeth von Österreich, die ihre Jugend im nahegelegenen Schloss Possenhofen verbracht hatte und später viele Sommer in Feldafing verweilte. Im einstmals königlichen Feldafinger Bahnhof, in dem „Sisi“ seinerzeit im Wartesaal für „allerhöchste Herrschaften“ empfangen wurde, herrschte schon Endzeitstimmung.
Dann verkaufte die Deutsche Bahn den Bahnhof nach jahrelangen zähen Verhandlungen endlich an die Gemeinde Feldafing. Über Jahre hinweg hatte er in Teilen leer gestanden, Mauerteile waren durch harten Frost aus den Wänden gebrochen, dem Gebäude drohte der Einsturz. Aber die Gemeinde hatte eine Vision und begann mit der Sanierung.
Das Ergebnis ist nun ein Schmuckstück des Ortes und wohl eines der schönsten Rathäuser Oberbayerns. Seit seiner Eröffnung im Jahr 2013 belebt das Rathaus neben seinen administrativen Aufgaben den Ort nicht nur mit einem multifunktionalen Bürgersaal, sondern auch mit einem Café und einem Kiosk für die Tourist:innen, die seit den 70er Jahren längst mit der S-Bahn in Feldafing ankommen.
In insgesamt drei Bauphasen haben die Architekt:innen Benedikt und Bettina Sunder-Plassmann unter der Mitarbeit von Architektin Kerstin Strüwind aus Greifenberg den alten Bahnhof saniert und umgewandelt und ihn damit zum neuen ortsbildprägenden und repräsentativen Eingangsportal des Ortes gemacht. Mit viel Glas innen wie außen haben sie Licht ins Dunkle des 19. Jahrhunderts gebracht und so die Voraussetzungen für die modernen Nutzungen geschaffen. Den Charakter der ursprünglichen Architektur konnten sie dennoch vollkommen wahren. Mittelpunkt des Hauses ist ein großer, flexibel nutzbarer Raum für Versammlungen, Konzerte und Ausstellungen, der durch das Einziehen einer Glasfassade hinter den Stützen des Bahnhofssaals entstanden ist.
Architektur und Objekt
Foto: Sunder-Plassmann Architekten
„Die Gemeinde erwarb den deutlich verwahrlosten ehemaligen Bahnhof, der nun zu einem Schmuckstück in der Ortsmitte geworden ist,“ so das Landesamt für Denkmalpflege zur Auszeichnung des Bahnhofs Feldafing mit der Bayerischen Denkmalschutzmedaille.
Der Glanz des alten königlichen Bahnhofs
Das Café Max II., das im Rathaus ebenfalls seinen Platz gefunden hat, erinnert heute an den König, der für den Bau der Bahnlinie verantwortlich war und kurz vor der Fertigstellung des Feldafinger Bahnhofs 1864 plötzlich starb. Die Aufenthaltsräume für die königliche Familie, die der 1865 fertiggestellte königliche Bahnhof in Feldafing beherbergte, hat er also nicht mehr besucht.
Das von ihm in Auftrag gegebene Schloss Feldafing wurde nach seinem Tod nicht gebaut. Die vorgesehenen Ziegelsteine wurden stattdessen im Bahnhof verbaut. Für den Bau des königlichen Bahnhofs Feldafing war kein geringerer verantwortlich, als der Architekt Georg von Dollmann, der im Auftrag Ludwig II. auch die Schlösser Herrenchiemsee und Neuschwanstein entworfen hat.
Die der klassizistischen Vorbilder nachempfundene Architektur wurde in den ersten zwei Bauphasen in feiner Abstimmung mit der Denkmalbehörde wiederhergestellt. Der ursprüngliche Grundriss und alle erhaltenen historischen Ausstattungsmerkmale des denkmalgeschützten Bahnhofs konnten erhalten werden. Die kunstvoll verzierten gusseisernen Stützen wurden fachgerecht saniert, die historischen Kastenfenster restauriert und so nötig durch Nachbauten nach historischem Vorbild vervollständigt.
Bestehende statische Probleme wurden intelligent und bestandswahrend gelöst. Gleichzeitig wurde das Gebäude zeitgemäß ertüchtigt. Im Inneren des Gebäudes konnte im Einklang mit dem Denkmalschutz ein Aufzug eingebaut werden, der das Gebäude barrierefrei macht.
Die gewählten Griffe im revitalisierten Bahnhof kommen aus dem Hause FSB und entstammen der Reihe FSB 1023 – ein Modell, das Johannes Potente auf Grundlage eines Klassikers entwarf. Die Vorlage, die sogenannte Ulmer Türklinge stammt von Bildhauer und Designer Max Bill gemeinsam mit dem Industriedesigner Ernst Moeckl. Der Griff folgt einer sanft geschwungenen Form und ist eine zeitlose Alternative zu den unterschiedlichen U-förmigen Griffen auf dem Markt. Verbaut wurden die Türdrückergarnituren FSB 72 1023 61310 4305 und FSB 79 1053 61310 6210 sowie die Wechselgarnituren FSB 79 1053 61510 6210 und FSB 79 1053 61900 6210. Für das öffentlich genutzte Gebäude sind natürlich auch elektronische Sicherheitslösungen für Griffe bestens geeignet (FSB 25 1023 0215 6210). Beim Staatspreis für Bauen im Bestand der Bayerischen Architektenkammer 2017 wurde das gelungene Projekt mit einer Anerkennung ausgezeichnet.
Objektdetails
Fotos: Michael Heinrich München