Kaiser-Wilhelm-Denkmal, Porta Westfalica
Peter Bastian
Produkte
Ein bröckelndes Denkmal
Unter 56 Mitbewerber:innen wurde der Vorschlag des jungen, sehr gefragten Architekten Bruno Schmitz ausgewählt, um mit einem sieben Meter hohen Standbild dem ersten deutschen Kaiser zu gedenken. Das war 1890, als Kaiser Wilhelm I. gerade einmal zwei Jahre tot war. In 268 Metern Höhe auf dem Wittekindsberg in Porta Westfalica bekam das Ehrenmal einen weithin sichtbaren Standort und wurde zur eindrücklichen Landmarke. Mit seinen 88 Metern Höhe bis zur Spitze ist das Denkmal auch heute noch das zweithöchste Denkmal Deutschlands. Nur das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig überragt mit seinen 91 Metern. Mit zeitweise über 100 Arbeiter:innen auf der Baustelle, 13.000 Kubikmetern Sandstein und 3.000 Metern Treppenstufen ist das Kaiser-Wilhelm-Denkmal wahrlich ein Superlativ unter den Denkmälern.
Doch schon während man noch baute, traten im Erdreich und der bis zu 26 Meter hohen Steinfüllung Setzungen auf.
1912 lösten sich Steine aus der Ringmauer und stürzten den Hang hinab. Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der fast 100 Meter unter dem Denkmal liegende Stollen mit Stahlbetondecken und Treppen ausgestattet und zur viergeschossigen Produktionsstätte ausgebaut. In dem rund 5.400 qm großen Stollen – von den Nationalsozialisten „Stöhr 2“ getauft – produzierten von Herbst 1944 bis kurz vor Kriegsende Zwangsarbeiter:innen Rüstungsgüter unter anderem für die deutsche Luftwaffe. Mit der Sprengung des Stolleneingangs durch die Britische Armee 1946 rutschte ein Großteil der Ringterrasse ab. Das Denkmal selbst blieb abgesehen von Einschusslöchern eines Artilleriebeschusses während des Krieges jedoch unberührt.
Nach Beseitigung der Schäden in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre und einer Reduzierung der Plattform, entwickelte sich das Denkmal mit seiner großartigen Aussicht auf den Weserbogen und die norddeutsche Tiefebene zum Besuchermagneten. Auch ohne die ursprüngliche Ringterrasse wurde der bronzene Kaiser zu einem Wahrzeichen der Region. Doch mit der Zeit alterte die touristische Infrastruktur, und die Attraktivität des Denkmals litt zusehends. Die Anlage wurde schließlich geschlossen.
2013 beschloss der Landschaftsverband Westfalen-Lippe die Sanierung des Geländes und die Rekonstruktion der ursprünglichen Ringterrasse. Ein Besucherzentrum und ein Restaurant sollten dem Ort zu neuer Attraktivität verhelfen.
Architektur und Objekt
Unsere Arbeit ist grundsätzlich von einer eher rationalen und weniger künstlerischen Denkweise geprägt. Die kontextuellen Parameter, die einer Entwurfsaufgabe zugrunde liegen, bilden die festen Größen einer Gleichung mit vielen Variablen. In diesem Sinne empfinden wir Aufgaben mit dezidierten Vorgaben einfacher zu lösen als Bauten auf der grünen Wiese. In gewisser Weise ist bei solchen Aufgaben der Entwurf schon vorgegeben.
Neue Funktionen für den Kaiser
Der Architekt Peter Bastian mit Büros in Münster gewann den ausgeschriebenen Wettbewerb und sanierte das Kaiser-Wilhelm-Denkmal innerhalb von 18 Monaten, sodass es im Sommer 2018 erneut eröffnet werden konnte. Für die aufwändige Rekonstruktion der Terrasse mussten 25.000 Kubikmeter Material entfernt werden. Anschließend wurden 3.800 Tonnen Zement bis zu 30 Meter tief im Gelände versenkt. Die rekonstruierte Bogenkonstruktion wurde schließlich mit Obernkirchener Sandstein verkleidet, was interessanterweise einen unerfüllt gebliebenen Wunsch des ursprünglichen Architekten Bruno Schmitz wahrwerden lässt. Er hatte das gesamte Denkmal aus Obernkirchener Sandstein bauen lassen wollen, musste aber aus Kostengründen auf den günstigeren Porta-Sandstein zurückgreifen. Dass dieser heute gar nicht mehr abgebaut wird, erfüllt dem Architekten seinen Wunsch.
Maßgabe für den Entwurf, neben allen funktionalen und gestalterischen Anforderungen, war selbstverständlich der behutsame Umgang mit dem bestehenden Baukörper. Peter Bastians realisierter Entwurf für das Kaiser-Wilhelm-Denkmal zeigt, was er meint, wenn er von bescheidener, demütiger Architektur spricht. Der behutsam in den Bestand eingegliederte Eingriff nimmt sich zurück, greift die vorhandene Formensprache auf und entwickelt sie, wo nötig, weiter. Um das Denkmal nicht zu gefährden und in seiner ursprünglichen Gestaltung zu bewahren, wurde der gesamte Eingriff möglichst reduziert geplant und ausgeführt. So entstand der grundlegende Entwurfsgedanke, die gesamte Hauptnutzung eingeschossig im notwendigen Sanierungs- und Rekonstruktionsbereich der Ringterrasse zu verorten. Gastronomie und Besucherzentrum wurden in einen Hohlraum unter den Terrassenboden gelegt.
Gestein wurde durch Glas ersetzt und damit große Fensteröffnungen geschaffen. So kann nun auf gut 600 qm Fläche mit freiem Blick ins Tal durch die wiederhergestellten und verglasten Bögen der Ringmauer gespeist und gefeiert werden. Auf der darüberliegenden großen Besucherterrasse verraten nur zwei dezente überdachte und verglaste Eingangsbereiche, dass sich unterhalb der Terrasse Neues eröffnet. Die Griffe von FSB stammen allesamt aus der Reihe FSB 1001 und sind verbaut als Fenstergriff FSB 34 1001 09030, Wechselgarnitur 72 1001 619 und als Türdrückergarnitur in gekröpfter 79 1002 613 und gerader Ausführung 72 1001 613. Mit ihrem dezenten, zeitlosen Design halten sie sich, genau wie der gesamte Eingriff des Architekten, im Hintergrund und ergänzen das gestalterische Konzept.
Objektdetails
Fotos: ©Roland Borgmann