Amunt Architekten in einer neuen Monografie

Vorgefunden, weitergebaut

18.12.17

Geschätzte Lese­zeit: 1 Minute, 45 Sekunden - 18. Dezember 2017 | Text: Jasmin Jouhar

Das deut­sche Ein­fa­mi­li­en­haus-Wohn­ge­biet ist selten ein Ort, an dem Archi­tektur pas­siert. Denn Geld und Pres­tige ver­dienen Archi­tek­tur­schaf­fende meist woan­ders. Umso höher ist zu schätzen, was seit einigen Jahren das Büro Amunt in Aachen, Tübingen, Stutt­gart und anderswo leistet – mit Umbauten, Anbauten und klei­neren Häusern.

Dank der ersten, schlicht „Amunt“ beti­telten Mono­grafie bietet sich nun die Gele­gen­heit, die Arbeit von Sonja Nagel, Jan Theissen und Björn Mar­tenson einer Bestands­auf­nahme zu unter­ziehen, acht Jahre nach der Grün­dung im Jahr 2009.

Das Team unter­hält zwei unab­hän­gige Stand­orte, in Stutt­gart sind Nagel und Theissen zuhause, Mar­tenson in Aachen.

Sonja Nagel, Jan Theissen und Björn Mar­tenson, die drei von Amunt.

Halb, halb
Das Buch aus der Reihe 2G stellt ins­ge­samt 16 Pro­jekte des Büros vor, sowohl rea­li­sierte auch unrea­li­sierte Ent­würfe. Fotos, ver­schie­dene Pläne und kurze Beschrei­bungs­texte ver­mit­teln das Wesent­liche. Begleitet wird der Pro­jekt­teil durch zwei Essays von Chris­tian Holl und Moritz Küng, die die Pro­jekte vom Amunt ein­ordnen in den Kontext der jün­geren Archi­tek­tur­ge­schichte.

Vor allem der (gelie­hene) Titel von Küngs Beitrag, „Half modern half some­thing else“, beschreibt die Archi­tektur der drei Partner:innen tref­fend. Einer­seits agieren Amunt mit einer ein­deutig zeit­ge­nös­si­schen Haltung, was sich in for­malen Ele­menten wie groß­zü­giger Ver­gla­sung oder in den Mate­ria­lien äußert. Auch die Grund­risse sind an die Bedürf­nisse heu­tiger Fami­lien ange­passt.

Aber zugleich gehen sie im Sinne des Wei­ter­bauens respekt­voll mit dem Bestand um, in den sie ein­greifen – keine Selbst­ver­ständ­lich­keit, wie viele beim Umbau grotesk ent­stellte Alt­bauten belegen. Und Amunt scheuen sich auch nicht, vor­mo­derne Archi­tek­tur­formen auf­zu­greifen. Ton­nen­ge­wölbe, Rund­fenster oder Walmd­ä­cher wirken bei ihnen ganz selbst­ver­ständ­lich gegen­wärtig.

Bild 1 von 11: Anbau Wohn­haus Schreber, Aachen, 2011-2012 (Foto: Filip Dujardin)

Bild 2 von 11: Pavillon und Café Fried, Düren, 2009-2011 (Foto: Brigida Gon­zalez)

Bild 3 von 11: Haus JustK, Tübingen, 2008-2010 (Foto: Brigida Gon­zalez)

Bild 4 von 11: Haus JustK, Tübingen, 2008-2010 (Foto: Brigida Gon­zalez))

Bild 5 von 11: Anbau Haus Auwa­erter, Stutt­gart, 2011 (Foto: Brigida Gon­zalez)

Bild 6 von 11: Umbau Haus Gilles, Aachen, 2014-2015 (Foto: Filip Dujardin)

Bild 7 von 11: Dop­pel­seite aus der Mono­grafie „Amunt“ mit dem Projekt Pavillon und Café Fried

Bild 8 von 11: Dop­pel­seite mit dem Projekt Anbau Wohn­haus Schreber

Bild 9 von 11: Dop­pel­seite mit dem Projekt Umbau Haus Gilles

Bild 10 von 11: Dop­pel­seite mit Bei­spielen aus dem Bild­ar­chiv von Amunt

Bild 11 von 11: Dop­pel­seite mit Bei­spielen aus dem Bild­ar­chiv von Amunt

Ein absurdes Pan­orama
Der dritte Teil des groß­zügig auf­ge­machten Buchs lässt ahnen, woher das Gespür der drei Archi­tekt:innen im Umgang mit dem Vor­ge­fun­denen kommt: Unter dem Titel „Nexus“ zeigen Amunt hier eine Auswahl von Foto­gra­fien aus ihrem Bild­ar­chiv. Von Silo über Garage und Scheune bis Wohn­haus ent­faltet sich das ganze, teil­weise absurde Pan­orama des all­täg­li­chen und anonymen Bauens.

Weniger als Vorbild, denn zur Inspi­ra­tion: Das Gefun­dene „öffnet asso­zia­tive Räume“, wie Nagel und Theissen im Begleit­text schreiben. Diese Aus­ein­an­der­set­zung „hilft uns, präzise Lösungen in eine zeit­ge­nös­si­sche Form zu über­setzen und uns dem Anspruch anzu­nä­hern, Archi­tek­turen zu ent­wi­ckeln, die sich durch einen viel­fäl­tigen und leben­digen Cha­rakter aus­zeichnen.“ Die Mono­grafie beweist: Anspruch ein­ge­löst.

FSB hat das Booklet mit deut­schen Texten zur Amunt-Mono­grafie unter­stützt.

2G No. 75: Amunt
160 Seiten mit 140 far­bigen Abbil­dungen, Text in Eng­lisch
Verlag der Buch­hand­lung Walter König
London 2017

Das Cover der Mono­grafie „Amunt“. Das Buch ist erschienen im Verlag der Buch­hand­lung Walter König, in der Archi­tektur-Reihe 2G.

Haus JustK, Tübingen, 2008-2010
(Foto: Brigida Gon­zalez)