Schute – Gesichtschirurgische Praxis, Hamburg
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Der Architekt Robert Mallet-Stevens (1886 – 1945) war derjenige, der auf die Idee kam, einen Rundstab zu trennen und mittels Gehrung wieder zusammenzusetzen. Seine Kreation ist heute als „Frankfurter Modell“ bekannt. Die Türklinke wurde beim Neubau des Architekturmuseums wiederentdeckt und eroberte in Windeseile den Markt.
Schute im Trockendock
„Eine Schute liegt zur Überholung in einem Trockendock“ – so das identitätsstiftende Leitbild, das sich Architekt Ronald R. Wanderer vom Büro wandererarchitekten aus Leipzig in Absprache mit Bauherrin Dr. Sonja Brumme für den Bau ihrer gesichtschirurgischen Praxis in einem Hamburger Rohbau-Erdgeschoss ausgedacht hat. Die Praxis befindet sich in Hamburg, kurz vor dem Traditionshafen im schmalen Streifen zwischen Heinepark und Elbufer. Die schöne Idee, den Kontext von Elbe und Hafenstadt Hamburg in die Innenarchitektur einer Praxis aufzunehmen erscheint gewagt, angesichts der Tatsache, dass man das Bild ja auch unweigerlich auf den funktionellen Aspekt der Praxis, nämlich die Gesichtschirurgie anwendet. Will man tatsächlich denken, dass hier menschliche Gesichter medizinisch oder ästhetisch „auf den neuesten Stand gebracht“ oder eben „überholt“ werden?
Betritt man aber erstmal die Praxisräume, macht man sich über den begrifflichen Überbau derselben sowieso keine Gedanken mehr. Die Arbeit von Ronald R. Wanderer beeindruckt durch eine futuristische Atmosphäre. Der Entwurf der Praxisräume ist dabei zeitlos und hochfunktional zugleich. Jede Zone, jede Wand, jeder Raum wurde in Zusammenarbeit mit der Chirurgin gemeinsam konzipiert. Durch die starke Einbeziehung der Bauherrin konnten die Arbeitsabläufe maximal optimiert werden. „Nichts ist zufällig entstanden – alles ist vollkommen und mit Liebe zum schönen Detail fein aufeinander abgestimmt“, so Dr. Sonja Brumme. Die „Schute“ bildet, der Länge nach mittig in den Raum eingeschoben, den Kern der Praxis. Allem voran der minimalistische Empfangstresen, beinhaltet der Kern auch den durch eine Glastür erreichbaren Aufnahmeraum und mehrere Wartebereiche.
Durch die allesamt bündig integrierten Einbauten, wie Schränke, Regale, Türen, Leuchten ergeben sich vollkommen glatte, glänzende weiße Oberflächen, die dem Raum eben seinen hochmodernen Science Fiction-Charakter geben, aber auch vorbildlich hygienischen Ansprüchen genügen. Dem Architekten war es wichtig, das bereits bestehende Gebäude, in dessen Rohbau-Erdgeschoss die Praxis integriert wurde, zu respektieren und nicht gegen die architektonischen Vorgaben zu arbeiten. Eine Herausforderung waren dabei die raumhohen durchgehenden Fensterriegel des Gebäudes. Sie lassen zwar viel Licht in die Räumlichkeiten, wodurch die weiß strahlende Atmosphäre noch besser zur Geltung kommt, aber eine Praxis braucht natürlich auch Intimität.
Architektur und Objekt
Foto: Kathy Hennig
Die Arbeit von Ronald R. Wanderer beeindruckt durch eine futuristische Atmosphäre. Der Entwurf der Praxisräume ist dabei zeitlos und hochfunktional zugleich. Jede Zone, jede Wand, jeder Raum wurde in Zusammenarbeit mit der Chirurgin gemeinsam konzipiert. Besonderes Merkmal: der Kontext von Elbe und Hafenstadt Hamburg fließt in die Innenarchitektur der Praxis mit ein.
Weiß steht für Klarheit, Orange für Arbeit
An einer vierspurigen Aluminiumschiene lassen sich minimalistische Flächenvorhänge variabel platzieren. Nebeneinander oder hintereinander geschoben dosieren sie den Lichteinfall und sorgen für unterschiedlichste Stimmungen und Schattenwürfe. Eine schöne Idee, die ebenfalls zum Wohlgefühl der Besuchenden beitragen soll, sind die vier kleinen Wartebereiche, die ganz unterschiedlich gestaltet sind und so für jede Gemütsverfassung der Praxisbesucher:innen den passenden Ort bereitstellen: „von der introvertierten aus Eiche ausgeschlagenen „Holzklasse“ bis zum Fensterwartebereich mit Panoramablick“. Eine erneute ästhetische Überraschung erwartet den Besuchenden beim Öffnen einer der Türen.
Die Arbeits- und Sozialräume wie auch Bäder und Toiletten empfangen ihn mit knallig orangenen Wänden, Decken, Böden und Türen. Auch hier ist alles darauf angelegt, glatt und möglichst ohne Vor- und Rücksprünge auszukommen. Während das Weiß des Interieurs im Hauptraum für Reinheit und Klarheit steht, soll das Orange Arbeit symbolisieren. In den Kanon der wenigen verwendeten Materialien – Polyurethan als Bodenbelag, beschichteter Gipskarton an den Wänden, lackiertes Holz und Glas – reihen sich die Edelstahl-Griffe auf den Türen. Der Architekt hat das von FSB entworfene Modell 1076 gewählt, das auf den französischen Innenarchitekten Mallet-Stevens zurückgeht.
„Zurückhaltend, zeitlos und langlebig“ dient es dem geschaffenen Bild der Innenarchitektur. Die Griff-Rosetten sitzen flächenbündig wie die Türen selbst, tragen so ihren Teil zum auffällig modernen, reduzierten Gesamtbild bei und fügen sich gleichzeitig der gewünschten pflegeleichten Funktionalität. Zeitlos sind die Griffe von FSB nicht nur, was ihr Design angeht, so Ronald R. Wanderer, genauso zeitlos seien sie auch faktisch durch ihre ausgesprochene Robustheit, die sie nicht verschleißen lässt und eine sehr hohe technische Präzision garantiert. Nebenbei bemerkt, schätzt er auch die Tatsache, dass FSB bewusst in Deutschland produziert – was ja auch eine Frage von Nachhaltigkeit und somit Dauer ist.
Objektdetails
Fotos: ©Thilo Schulz, rivermedia.