Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch, Berlin
O&O Baukunst
Produkte
Das Hochschul-Gebäude als Werkstatt
Besondere Berühmtheit erlangte die Schauspielklasse von 1995, die mit Nina Hoss, Lars Eidinger, Devid Striesow, Fritzi Haberlandt und Mark Waschke eine besondere Dichte großartiger Schauspieler:innen hervorgebracht hat. Die Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin gilt als die beste Schauspielschule Deutschlands. Sie wurde 1951 in Ostberlin als Staatliche Schauspielschule Berlin gegründet. Seit 1981 trägt sie den Namen des 1980 verstorbenen Sängers und Schauspielers Ernst Busch, der vor allem für seine Brecht-Rollen und als Interpret internationaler Arbeiterlieder und der Lieder Hanns Eislers bekannt ist. Die renommierte Schauspielschule ist ein besonderes Beispiel für eine Institution, die das Ende der DDR gut überstehen konnte, weiterhin als „links“ gilt und hervorragende Künstler:innen ausbildet.
Die Suche nach einem Gebäude, das die lange über die Stadt verstreuten unterschiedlichen Bereiche der Hochschule an einem Standort vereint, war langwierig und von einigem Wirbel begleitet. Später und teurer als geplant wurde der Bau zum Wintersemester 2018 offiziell von den Studierenden übernommen.
Der entstandene Komplex für Schauspiel, Regie, Puppenspiel und Tanz besteht aus einem Altbau und zwei Neubau-Teilen: Das 50er-Jahre-Gebäude, in dem einst die Opernwerkstätten ihren Sitz hatten, wurde an der Stirnseite aufgeschnitten, wo sich nun ein komplett in Holz verkleideter Bühnenturm einklinkt. Als gläserne Schachtel lagert sich das öffentliche Theatercafé von hinten an den Altbau an.
Zwischen den beiden neuen Bauteilen gelagert, führt der Haupteingang der Hochschule in ein großzügiges Foyer, dessen Verlängerung als Arbeitsstraße durch offen gestaltete Depots und Werkstätten führt. Dass Theatermachen nicht nur Kunst, sondern vor allem auch Handwerk ist, zeigt der Neubau von O&O Baukunst ganz deutlich. Mit rohen, vermeintlich unfertigen Oberflächen, dem Aufeinderstoßen von Alt und Neu verbreitet er Werkstattcharakter im Berliner Bezirk Mitte und soll dabei sichtbar machen, wie Theater funktioniert. Den „ruppigen Umgang mit den Materialien“ haben die Architekt:innen dabei nach eigener Aussage bei den zukünftigen Nutzern des Gebäudes abgeschaut.
Architektur und Objekt
Foto: @Bernhard Moosbauer
„Wir haben den Anspruch, mit dem Gebäude als Ganzem, mit den alten und neuen Komponenten, die Hochschule als einen Ort zu schaffen, der wie eine Werkstatt funktioniert, in der man ständig improvisieren kann,“ so die Architekt:innen zu ihrem Entwurfsansatz.
„Fehlt da etwas oder kann man es so lassen?“
Das vorherige Leben, das in den Räumen herrschte, auf eine Art erhalten und nicht alle Spuren verwischen. Nicht immer wieder komplett von vorne anfangen. Das ist etwas, das die Architekt:innen in ihrer Arbeit am neuen Gebäude der HfS Ernst Busch geleitet hat.
„Was da ist und was man benutzen kann, wollen wir auch benutzen und das möglichst unverändert. Wir fragen uns: Braucht es noch etwas von uns dazu, fehlt da etwas oder kann man es so lassen?“, so beschreiben die Architekt:innen ihren Ansatz. Was im Bestand bereits da war, wurde wenn möglich weiterverwendet und nur abgerissen, wenn es eben nicht mehr zu gebrauchen war. Die neu hinzugefügten Baukörper dienen dazu, die Anforderungen zu erfüllen, die der Altbau nicht erfüllen konnte.
Alt und Neu setzen sich dabei im neuentstandenen Ensemble klar voneinander ab. Die Eingriffe kennzeichnen die neue Nutzung und markieren die Hochschule als Ort des Improvisierens und Experimentierens. Auf einer Höhe von 2,30 Meter durchzieht das gesamte Gebäude eine Trennlinie zwischen Rohem und Verfeinertem. Bis zur oberen Türkante prägen glattere Flächen, unter anderem viele beschreibbare Tafelwände die Flure, darüber nur noch Rigipsplatten – nicht verputzt, nur verspachtelt. Der neue 24 Meter hohe Bühnenturm soll die Hochschule schon von Weitem als öffentlichen Ort erkennbar machen. Mit seiner leicht transparenten Holzverschalung, die den Schauspieler:innen auf der Bühne genügend Intimität gewährleistet und dennoch eine Ahnung des Geschehens nach außen dringen lässt, setzt sich der Turm klar vom Altbau ab.
Praktischerweise konnten O&O Baukunst ihre ganz eigene Griffkreation einsetzen, die sie bereits in den 2000er Jahren für FSB entworfen haben. Die Architekt:innen beschreiben das Modell als „selbstverständlich, vertraut und vorhanden“. Mit FSB 1159 haben sie einen Griff entworfen, der sich durch eine sanft geschwungene, symmetrische Geometrie auszeichnet. Auch hier ging es den Architekt:innen darum, nicht einfach etwas Neues zu entwerfen, ohne Kontakt zum Bestehenden. Ihr Entwurf gründet auf einer Analyse historischer und zeitgenössischer Griffmodelle und entwickelt bereits Dagewesenes zu einer eigenen Form, die dem Nutzer das Gefühl gibt, etwas bereits lange Vertrautes zu greifen.
Objektdetails
Fotos: © Euroluftbild / O&O Baukunst, © Schnepp Renou / O&O Baukunst, © Harald Hauswald / O&O Baukunst, © O&O Baukunst / Horst Stasny