BayWa Hochhaus
Hild und K Architekten
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Wir vermuten, dass die Grundform des Modells FSB 1015 in den 1930er Jahren bei der Firma Wehag erdacht worden ist. Die Version von Johannes Potente ist eine sehr klare Türdrückerform, die vor allem in den Niederlanden auf großes Interesse stößt.
Mit leichter Fassade in die Zukunft
Als das Münchener Architekturbüro Hild und K in das Projekt einstieg, waren schon die ersten Verhandlungsrunden mit der Stadt München und dem Gestaltungsausschuss gelaufen. Die bisher vorgelegten Konzepte zur Aufstockung und zur dringend erforderlichen Generalsanierung der Zentrale der BayWa überzeugten die Gremien nicht. Hild und K gaben dem Bauwerk ein Gesicht. Sie präsentierten ein neues Erscheinungsbild der künftigen Konzernzentrale, das auf städtebauliche sowie ortstypische Aspekte Rücksicht nahm, die Bedürfnisse des Nutzenden berücksichtigte, aber auch gestalterisch-ästhetische Akzente setzte. Dies war noch nicht der Durchbruch, aber die Grundlage für die folgenden Präsentations- und Verhandlungsrunden, erzählt Matthias Haber, Geschäftspartner bei Hild und K.
Die Bayerische Warenvermittlung landwirtschaftlicher Genossenschaften AG, kurz BayWa genannt, nahm ihren Ursprung im Jahr 1923 in der Münchener Maxvorstadt.
Das Unternehmen konzentriert sich auf die Geschäftsfelder Agrar, Energie und Bau. Heute ist die BayWa auf der ganzen Welt tätig, beschäftigt knapp 17.000 Mitarbeiter:innen und erwirtschaftete 2017 16,1 Milliarden Euro Umsatz. Der Umzug der Geschäftsführung aus der Türkenstraße in das sogenannte „Sternhaus“ im Arabellapark und die Zusammenführung aller Münchener Abteilungen erfolgten 1976. Das Quartier ist eines der größten Stadterweiterungsprojekte Münchens nach dem Zweiten Weltkrieg, in den 60er Jahren von Josef Schörghuber erdacht. Das 18-geschossige Bürohaus wurde 1969 nach den Plänen von Toby Schmidbauer fertiggestellt und bis zum Einzug der BayWa vermietet. Anders als der Name naheliegt, erinnert der Grundriss des Hauses eigentlich eher an eine Windmühle als an einen Stern. Der Aufzugskern und die Treppenhäuser liegen an zentraler Stelle im Knotenpunkt der vier leicht zueinander versetzten Flügel. Diese waren mit kleinen Büroeinheiten gefüllt, erreichbar über einen Mittelflur.
Das Gebäude, ein 60 Meter hoher Stahlbetonskelettbau mit unterschiedlich farbigen, vorgehängten Marmorwaschbetonfertigteilen war von Schmidbauer bis ins Detail streng orthogonal durchgeplant.
Hild und K nahmen grundlegende strukturelle Veränderungen im und um das Gebäude vor. Insgesamt entstanden 12.500 Quadratmeter zusätzliche Nutzfläche – davon rund 7.000 in den neu hinzugekommenen Geschossen des Hochhauses, der Rest in niedrigeren Anbauten. Eigentlich war der Bestandsbau in seiner statischen Tragfähigkeit am Limit. Die alte, schwere Fassadenbekleidung tauschten die Architekt:innen zugunsten einer wesentlich leichteren Konstruktion aus vorgehängten Glasfaserbetonplatten. Dies gab der Struktur statisch gesehen die Luft für den 15 Meter hohen, 4-geschossigen stählernen Aufbau.
Architektur und Objekt
Dionys Ottl, Andreas Hild und Matthias Haber
Foto: Hild und K Architekten
„Für uns stand die intensive Beschäftigung mit dem vorhandenen Gebäude am Ausgangspunkt des Entwurfs. Mit seinem kreuzförmigen Grundriss wirkte dieses merkwürdig zu kurz geraten. Durch die optische Auflösung des monolithischen Baukörpers in acht sternförmig und versetzt zueinander angeordnete Hochhausscheiben erscheint das Gebäude erheblich schlanker und eleganter. Die Entwurfsidee, die uns durch alle Leistungsphasen begleitete, lautete vom Monolith zur Silhouette.“
Neue Silhouette für ein altes Haus
Typisch für das Büro Hild und K ist es, Projekten durch einen ungewöhnlichen Umgang mit Material und Technik einen neuen Ausdruck und gestalterischen, identitätsbildenden Mehrwert zu verleihen, so geschehen auch am BayWa Hochhaus. Die Außenhaut gliedert sich in mehrere vertikale Streifen, erzeugt durch Material- und Farbwechsel. Darin liegen regelmäßig wiederkehrend die Fensterelemente, gerahmt durch kräftige Rahmenprofile. In der Fassade werden Alu- und Betonelemente geschickt miteinander kombiniert. Die Metallelemente sind in einem dunklen Bronzeton gehalten, die Fassadenplatten aus Glasfaserbeton in zwei verschiedenen Beigetönen - Ordnungsprinzipien, die für eine erste Differenzierung im Erscheinungsbild des Kolosses sorgen.
Nuancierend und zugleich ergänzend zur Hauptfassadenfläche entwickeln die Planer:innen das Gebäudevolumen über die neuen Stockwerke hinweg weiter. Der zuvor gedrungen wirkende 18-Stöcker erhält eine Silhouette. Der eigentliche Kniff ist ein über die gesamte Außenhaut und alle Gebäudeteile verlaufendes Motiv aus Knick und Gegenknick.
Das Hochhaus ist ein Stahlbetonskelettbau. Die Fassadenstützen stehen konstruktiv gegenüber der restlichen Wandfläche leicht vor. Das Motiv entwickelte sich aus dem Bestand heraus, um die Stützen flächig in die neue Außenhaut zu integrieren. Der Mehrfachknick ist die Weiterentwicklung des Vorgefundenen. Über weite Gebäudeflächen hinweg immer in derselben Achse angeordnet, entsteht eine stärkere Vertikalität und Aufgliederung innerhalb der Fläche.
Der vorgenommene Farbwechsel, die schuppenartige Anordnung der Platten und die Hinterlegung der Plattenstöße mit dunklem Metall folgen dieser Idee. Die Fassade scheint sich stetig zu verändern und präsentiert sich jeden Tag neu. Mal wirkt die Außenhaut homogener, mal vielschichtiger, je nach Tageslicht und Sonnenstand. Eine schöne Idee, die das Haus zu etwas Besonderem macht.
Objektdetails
Fotos: Michael Heinrich