Bildungslandschaft Altstadt Nord Köln
gernot schulz : architektur
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Pädagogische Architektur
Kinderhäuser solle man bauen, keine Schulkasernen, so lautete der ausdrückliche Auftrag des Schulausschusses der Stadt Köln im Jahr 2006 an die Verwaltung. Eine Reaktion auf die Ergebnisse der PISA-Studie. Die Stadt handelte. Seit einigen Jahren entsteht am nördlichen Rande der Altstadt-Nord ein außergewöhnlicher Ort der umfassenden Bildung als Zusammenschluss unterschiedlichster Bildungseinrichtungen. Bestehend aus Bestandsbauten, einem Erweiterungsbau und mehreren Neubauten erregt das Projekt Aufsehen durch seine offene Herangehensweise und seine ganz auf den tatsächlichen Bedarf von Lernenden ausgerichtete Architektur.
Die am Projekt beteiligte Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft macht sich nicht nur für die Entwicklung einer pädagogischen Architektur stark, sondern auch für eine der normalen architektonischen Planung vorgelagerte Phase der Konzeption und Bedarfsermittlung. Den 2013 ausgelobten Wettbewerb gewann das Büro gernot schulz: Architektur mit dem Entwurf einer Bildungslandschaft, die sich als ein Ensemble aus Baukörpern mit fünfeckigen, unterschiedlich großen Footprints zusammensetzt. Ausgehend von der mittelalterlichen Stadtmauer Kölns betritt man eine ansteigende Raumlandschaft, die durch Aufweitungen und Verengungen zwischen den Baukörpern öffentliche Wege und Plätze ausbildet.
Die Neubauten aus Stahlbeton sind allesamt mit grauen Ziegelfassaden versehen, auf denen zwei Fensterformate für Lebendigkeit sorgen – ein großformatiges mit horizontalen Lamellen und ein kleines aus Holz, das mit Lüftungsklappen ausgestattet ist. Mit ihren unregelmäßig gesetzten, unterschiedlich großen Fensteröffnungen erinnern die Fassaden an Kletterwände. Sie wirken zeitgemäß, modern und regen die Fantasie an. Die Setzung der Öffnungen ist dabei bewusst gewählt: Die Fenster sind Rahmen für die Blicke von innen auf das öffentliche Leben vor dem Fenster sowie von außen auf das Leben in den Gebäuden. Die Bildungslandschaft versteht sich als integrativer Teil der Gesellschaft.
Architektur und Objekt
„Für die Räume der BAN zeigt der vordergründig formale Ansatz der Addition der Fünfecke größte Lebendigkeit und ästhetische Stärke: mal in einer singulären inneren Logik (Studienhaus) mal in dynamischen Raumfolgen der Flurbereiche, die in Nischen und Raumaufweitungen immer wieder Möglichkeiten zur individuellen Nutzung öffnen“, so die Architekten zu ihrem Entwurf.
In Aktivitäten denken, nicht in Räumen
Grundlegend für die Gestaltung der Architektur war der partizipative Einbezug von Pädagog:innen in den Konzeptionierungsprozess. Ziel war es, sich von den bisher alltäglichen, additiven Strukturen in Schulgebäuden, in den sich an langen Fluren Klassenräume aneinanderreihen, zu lösen. Man befreite sich von der Vorstellung der bisher üblichen Räume und stellte an den Anfang die Frage nach den Abläufen und Aktivitäten, die in der künftigen Architektur ermöglicht werden sollten. Mit Erfolg. Denn nicht nur, dass die Innenräume architektonisch spannend und inhaltlich vielversprechend geworden sind – die Architekt:innen haben im Vergleich zu Standard-Schulbauten Fläche eingespart.
Aus den fünfeckigen Footprints der Neubauten ergeben sich Innenräume mit unregelmäßigen Trapezformen. Das sorgt für abwechslungsreiche Raumeindrücke und offene, vielschichtige „Zwischenräume“ zwischen den Raumeinheiten. Mit ihren Nischen und Weiten lassen diese den klassischen Verteiler-Flur vergessen und bieten Raum für unterschiedlichste Aktivitäten. Die entstehenden Cluster für die einzelnen Jahrgangsstufen werden durch den Einsatz farbiger Flächen klar erkennbar. Entstanden sind Orte, die sich für ein zeitgemäßes Lernen eignen, das sich immer wieder unterschiedlicher, anpassbarer Formen und Methoden bedienen kann.
Die Wahl der Griffe war bei der Sanierung der denkmalgeschützten Grundschule vorgegeben. In der umfangreichen Produktpalette von FSB wurden die Architekt:innen bei Modell 72 1005 mit seiner klassischen Keilform fündig. Im Neubau entschied man sich für den u-förmigen Türdrücker 72 1010 in matt schwarz eloxiert. Die Architekt:innen sind von der „Funktionalität, Schönheit und Haptik“ der Griffe genauso überzeugt, wie vom „super Support“ bei FSB. Die nun anlaufende Nutzung der Gebäude wird durch die Montag Stiftung begleitet, um zu bewerten, wie gut die Architektur im Gebrauch ist, und die Erkenntnisse in kommenden Projekten nutzen zu können. Aktuell wurde die BAN mit dem Landesarchitekturpreis NRW ausgezeichnet.
Objektdetails
Fotos: © Stefan Schilling