Luis Riechers & Leander Leyendecker

The invisible handle

„Otl Aicher beschreibt in ‚Greifen mit Hand und Geist ‘ das Zusam­men­spiel von Geist, Hand und Auge: Denken (Begreifen) und Handeln (Greifen) sind mit­ein­ander ver­bunden. Er beschreibt Handeln (Hand), kon­trol­lieren (Auge) und denken (Ver­stand) als einen natür­li­chen, zusam­men­hän­genden Prozess, der alle Lebe­wesen aus­zeichnet.”

Der Schlüssel als Türgriff

Luis Rie­chers & Leander Ley­en­de­cker

Wenn wir auf Haus­türen schauen, stellen wir fest, dass sie, im Hin­blick auf die Gesetze der Logik und Ver­nunft, oft zu Irri­ta­tionen führen und nur mit Vor­wissen oder alter­na­tiven Ansätzen effektiv genutzt werden können. Zum Bei­spiel wird der Schlüssel oft in seiner ursprüng­li­chen Funk­tion erwei­tert und zum Tür­griff umfunk­tio­niert. Wenn er als Griff ver­wendet wird, wird er zum emp­find­lichsten Teil der Tür. Selbst wenn ein über­pro­por­tio­naler Drücker ein­ge­baut ist, wird der Schlüssel immer noch häufig als Hebel und als Druck­vor­rich­tung benutzt. Hier stellt sich die Frage, warum Griffe an den Außen­seiten dem Stoß­griff Platz gemacht haben, obwohl sie nur einen Teil ihrer Funk­tion wider­spie­geln: Während Griffe die Tür als Hebel öffnen können, kann der Stoß­griff nur als Schie­be­hilfe ver­wendet werden.

Ver­mut­lich spart es Zeit, wenn der Schlüssel in seiner Funk­tion sowohl Klinke als auch Stoß­griff ersetzt. Die Tür mit dem Schlüssel und nicht nur mit dem Griff zu öffnen, könnte auch das das Gefühl der Pri­vat­sphäre und der per­sön­li­chen Sicher­heit erhöhen, selbst wenn die Tür nicht auf die vor­ge­se­hene Weise ver­schlossen ist.

Wie könnte also eine Tür aus­sehen, die sich auf bequeme Weise öffnen lässt und gleich­zeitig Zugäng­lich­keit, Sicher­heit und Pri­vat­sphäre gibt?

Einladung zum Greifen

Aus­ge­hend von dieser Frage und der Annahme, dass nach dem Prinzip des „Begrei­fens mit Hand und Ver­stand", der Griff an Haus­türen wieder wün­schens­wert wäre, wurden wir inspi­riert einen unsicht­baren Griff zu ent­werfen, der bei Bedarf sichtbar wird und nur dadurch gegriffen werden kann.

Auch für unwis­sende Gäste ist das Erscheinen des Griffs ein­deutig als Ein­la­dung zu ver­stehen, während das ver­meint­liche Fehlen einer Tür­klinke eine abschre­ckende Wirkung auf Fremde hat. In unserem Ent­wurfs­pro­zess wurde deut­lich, was alles mit dem Greifen zu tun hat.

Es ist zwar ver­ständ­lich, dass die Klinke gegriffen werden muss, aber man kann noch nicht sagen, was der nächste Schritt sein wird. Erst durch die rich­tige Form wird seine Funk­tion erkennbar. Der unsicht­bare Griff sollte daher auch in seiner Form anzeigen, ob er gezogen oder geschoben werden muss.

Durch Visua­li­sie­rung unserer Ideen und Aus­pro­bieren, haben wir eine Griff­lö­sung ent­wi­ckelt, die im ein­ge­fah­renen Zustand unauf­fällig erscheint und die Nutzer:innen zum Schieben ani­miert, wenn er aus­ge­fahren ist.

Ide­en­skizzen eines ein­zieh­baren Tür­griffs

Unsere Lösung

Otl Aicher stellt in seinem Text „Greifen mit Hand und Geist” fest, dass sich das moderne Denken zuneh­mend von dem natür­li­chen Prinzip des Zusam­men­spiels von Hand, Geist und Auge auflöst und sich auf Logik und Ver­nunft kon­zen­triert.

Wenn sich auf diese Weise keine Lösung findet, wird ein spie­le­ri­scher Weg gewählt, der dem eben erwähnten Muster ent­spricht. Es erscheint also logisch, Systeme zu ent­werfen, in denen Men­schen nach diesen Gesetzen handeln. Das haben wir mit unserer Griff­lö­sung getan.

„the invi­sible handle“ ver­steckt

In der Ent­ste­hung: Ver­schie­dene Pro­to­typen

„the invi­sible handle“ sichtbar

3D-Ren­de­ring