Das Baukunstarchiv NRW eröffnet in Dortmund

Ende gut, alles gut

01.11.18

Text: Bettina Schür­kamp

Wie ein abriss­be­drohter Muse­umsbau und ein hei­mat­loses Archiv zusam­men­kommen? Durch einen kon­tro­versen, öffent­li­chen Prozess, der beide zum Bau­kunst­ar­chiv NRW ver­bunden hat. An diesem Sonntag, 4. November 2018, feiert das Archiv die Eröff­nung in den sanierten Räumen des ehe­ma­ligen Museums am Ostwall. Dort sind ab sofort Archi­tek­tur­nach­lässe zugäng­lich für For­schung und breite Öffent­lich­keit.

„Weiter-Bauen, ohne den Cha­rakter und die vor­ge­fun­denen Qua­li­täten ein­zu­büßen – dieses Ziel wurde durch die Kom­bi­na­tion zeit­ge­mäßer Tech­no­lo­gien mit gebrauchs­taug­li­chem Bestand in unserem Konzept ver­wirk­licht“, erläu­tert Archi­tekt Michael Schwarz. Der sub­stanz­scho­nende Umbau von Spital-Fren­king + Schwarz Archi­tekten mit einer Biblio­thek, Archiven, Büros, Lese­räumen und Semi­nar­sälen bezieht die wech­sel­volle Geschichte des Gebäudes mit ein. Für ein zen­trales Archi­tek­tur­ar­chiv wurden lange quer durch Nord­rhein-West­falen Stand­orte wie etwa die Zeche Zoll­verein in Essen gesucht.

Das 2007 an der TU Dort­mund initi­ierte Bau­kunst­ar­chiv lagerte aus Platz­mangel zwi­schen­zeit­lich in schwer zugäng­li­chen Depo­träumen. Erst der Umzug des Museums des 20./21. Jahr­hun­derts in das Dort­munder U im Jahr 2010 und die hitzige Debatte um den dro­henden Abriss des leer­ste­henden Kul­tur­baus am Ostwall eröff­neten eine dau­er­hafte Per­spek­tive für die Ein­rich­tung des Bau­kunst­ar­chivs. Im Dezember 2014 beschloss der Rat der Stadt Dort­mund die miet- und abga­ben­freie Nutzung des Muse­ums­ge­bäudes durch das Bau­kunst­ar­chiv.

Das Gebäude des Bau­kunst­ar­chiv NRW in Dort­mund. Es ist das Haus des ehe­ma­ligen Museum am Ostwall, das für nun das Archiv saniert wurde. (Foto: Cor­nelia Suhan)

Mit Archi­tek­tur­zeug­nissen wie dem Nach­lass Josef Paul Klei­hues zieht das Bau­kunst­kunst­ar­chiv NRW in einen ehe­ma­ligen Ver­wal­tungsbau preu­ßi­scher Schule ein, den der Ber­liner Archi­tekt Gustav Knob­lauch ursprüng­lich für das Ober­bergamt kon­zi­pierte. Im Jahr 1875 wurde in pro­mi­nenter Lage am Ostwall der drei­ge­schos­sige, sym­me­tri­sche Ver­wal­tungsbau mit Atti­ka­ge­schoss und Direk­to­ren­woh­nung eröffnet.

Äußer­lich kaum ver­än­dert, wan­delte 1911 Stadt­baurat Fried­rich Kull­rich den Funk­ti­onsbau in das Städ­ti­sche Kunst- und Gewer­be­mu­seum um. Im Zentrum liegt seither ein licht­durch­flu­tetes Atrium, für das Kull­rich den schmalen Innenhof seit­lich erwei­terte und mit einer genie­teten Stahl­kon­struk­tion mit abge­hängter Licht­decke über­dachte.

Nach dem Zweiten Welt­krieg ent­wi­ckelte die Muse­ums­di­rek­torin Leonie Reygers das beschä­digte Haus weiter zum Museum am Ostwall mit einer sach­li­chen 1950er-Anmu­tung. Das Städ­ti­sche Hoch­bauamt trug das Ober- und Atti­ka­ge­schoss zugunsten von Ober­lich­tern in den Aus­stel­lungs­räumen ab, die heute als tages­be­lich­tetes Archiv mit Arbeits­plätzen genutzt werden. Eine homo­gene, sand­far­bende Zie­gel­fas­sade umhüllt seitdem den Bau­körper und ver­deckt die his­to­ris­ti­sche Back­stein­fas­sade.

Bild 1 von 8: Archi­va­lien aus dem Bau­kunst­ar­chiv. Sie wurden anläss­lich der Eröff­nungs­pres­se­kon­fe­renz prä­sen­tiert.

Bild 2 von 8: Die Ein­gangs­fas­sade des Bau­kunst­ar­chivs. Aus­ge­stattet ist das Haus unter anderem mit Griffen aus dem Pro­gramm FSB 1244 von gmp Archi­tekten. (Foto: Cor­nelia Suhan)

Bild 3 von 8: Die Gar­ten­seite mit Ter­rasse (Foto: Cor­nelia Suhan)

Bild 4 von 8: Der Lichthof (Foto: Cor­nelia Suhan)

Bild 5 von 8: Der Lichtof von der Galerie aus gesehen (Foto: Cor­nelia Suhan)

Bild 6 von 8: Der Gar­ten­saal (Foto: Cor­nelia Suhan)

Bild 7 von 8: Gang im Ober­ge­schoss (Foto: Cor­nelia Suhan)

Bild 8 von 8: Die Ein­gangs­fas­sade (Foto: Cor­nelia Suhan)

Getragen von der Archi­tek­ten­kammer NRW, der Inge­nieur­kammer-Bau, der Stif­tung Deut­scher Archi­tekten und einem För­der­verein, zieht das Bau­kunst­ar­chiv in ein sta­tisch, ener­ge­tisch und brand­schutz­tech­nisch ertüch­tigtes Haus.

Durch das Foyer am Ostwall betreten Besu­che­rinnen und Besu­cher den Lichthof und den angren­zenden, erhöhten Gar­ten­saal mit Ter­rasse zum rück­sei­tigen Skulp­tu­ren­park. Beide können für Aus­stel­lungen und Ver­an­stal­tungen genutzt werden. Für längs­tens fünf Jahre ver­mie­tete Flächen im Sockel- und Erd­ge­schoss bieten Raum für das zukünf­tige Wachstum des Archivs.

Die mittige, zwei­ge­schos­sige Biblio­thek wird im Ober­schoss von Archi­vräumen flan­kiert. Eine fili­grane Stahl­treppe der 1950er Jahre erschließt intern die Ebenen und wirkt in einem Gla­serker mit Blick­be­zie­hungen in den Stadt­raum hinein.